Alexandra Labbé

Südländisches Temperament trotz Taubblindheit

Der Taubblindheit zum Trotz: Alexandra Labbé liebt das Leben

Alexandra Labbé sieht auf den ersten Blick aus wie eine ganz ‹normale› Frau. Nichts lässt erahnen, dass die attraktive Mutter aus Lausanne mit einer doppelten Sinneseinschränkung lebt. Und das ist gut so, findet die temperamentvolle Südländerin.

«Spreche ich zu laut?» fragt die seit Geburt hörbehinderte Alexandra Labbé besorgt, als sie uns am Küchentisch aus ihrem bewegten Leben zu erzählen beginnt. «Bis vor kurzem musste ich sehr laut sprechen, um mich selbst hören zu können. Jetzt ist alles anders. Doch ich habe mich noch nicht ganz an die neue Situation gewöhnt.» Alexandra Labbé trägt seit bald einem Jahr ein Implantat. Dadurch könne sie heute wieder so gut wie alles hören. Zwar seien einzelne Geräusche teils noch sehr laut, was oft zu starken Kopfschmerzen führe. Doch Alexandra Labbé ist sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung. «Ich habe mich früher oft sehr isoliert und einsam gefühlt. Mit dem Implantat ist alles besser geworden. Es ist ein neues Lebensgefühl .»

Wenn die Hoffnung ins Gegenteil kehrt.

Ein möglichst normales Leben führen zu können, war der aufgeweckten Mitvierzigerin schon immer wichtig. Aus diesem Grund entschied sie sich 1998 dazu, ihre starke Kurzsichtigkeit mittels Laser korrigieren zu lassen. «Ich habe schon immer sehr schlecht gesehen. Besonders aufgefallen ist es mir, als ich die Autoprüfung machte. Ich konnte nachts zum Beispiel nicht fahren, da ich kaum etwas gesehen habe. Auch zu Fuss war es schwierig. Sobald es dunkel war, bin ich oft gestolpert. Oder ich bin vom Trottoir abgekommen und plötzlich auf der Strasse gelandet. Doch ich habe das auf meine Ungeschicklichkeit geschoben.» Dann erklärte ihr der behandelnde Arzt, dass eine Laser-Operation bei ihr nichts nützen würde und überwies sie an einen Spezialisten. «Ich erinnere mich an den Tag, als wäre er gestern gewesen. Diagnose: Usher Typ 2 – eine Erbkrankheit, die für meine Taubheit verantwortlich ist und dazu führt, dass ich eines Tages erblinden werde.» Alexandra Labbé stockt. Dann fährt sie fort: «Ich bin mit der Hoffnung zum Augenarzt gegangen, dass alles besser wird. Doch stattdessen wurde alles noch viel schlimmer.» Für die Mutter eines damals 2-jährigen Sohnes stürzte eine Welt ein. Die Diagnose zerstörte nicht nur ihren Lebensplan, sondern auch die Beziehung zu ihrem damaligen Ehemann. Alexandra Labbé fiel in eine schwere Depression. «Irgendwann hat mich jemand auf den SZBLIND aufmerksam gemacht. Das war meine Rettung. Ich habe dort nicht nur neue Hoffnung, sondern auch eine zweite Familie gefunden.»

Neuer Mut, neues Glück

Mit der wiedergewonnenen Lebensfreude, kehrte auch die Liebe zurück. Trotz ihrer immer schlechter werdenden Augen hat Alexandra Labbé einen neuen Partner gefunden und mit diesem einen zweiten Sohn zur Welt gebracht. «Meine beiden Söhne sind mein ganzer Stolz,» strahlt sie. «Sie haben mir stets die Kraft gegeben, weiterzumachen, wenn ich mal wieder in ein Loch zu fallen drohte.» Heute sind die Jungs 13 und 20 Jahre alt. «Das Verständnis ihrer Mutter gegenüber ist leider nicht mitgewachsen», scherzt Alexandra Labbé. «Oft stellen sie Dinge nicht an denselben Ort zurück, von wo sie sie genommen haben. Dann verliere ich viel Zeit, sie wieder zu finden. Oder sie lassen Gegenstände rumstehen, an denen ich mich dann heftig stosse, weil ich sie nicht sehe. Das regt mich grausam auf,» erzählt sie lachend.

«Ich habe beim SZBLIND nicht nur neue Hoffnung, sondern auch eine zweite Familie gefunden.»

Dankbar für Angebot und Ablenkung

Alexandra Labbé ist eine Kämpferin. So steckt sie nicht nur Rückschläge weg, sondern versucht auch, ihrer vererbten Usher-Erkrankung so wenig Raum wie möglich zu bieten. «Ich habe die Krankheit bis heute nicht akzeptiert und tue mich schwer, mich mit meinem Schicksal abzufinden.» Das mag der Grund dafür sein, dass man ihr ihre Hörsehbehinderung kaum ansieht. So verschwindet der weisse Langstock beispielsweise schön zusammenklappt in ihrer Handtasche. «Wenn ich mich in einer bekannten Umgebung bewege, komme ich noch relativ selbständig zurecht. Den Stock habe ich sicherheitshalber aber immer dabei. Ich bin schlicht noch zu stolz, um immer mit dem Stock nach draussen zu gehen,» schmunzelt die gebürtige Chilenin. Und ihr südamerikanisches Temperament kommt auch bei anderen Gelegenheiten zum Vorschein. So nimmt sie rege an Veranstaltungen des SZBLIND teil und geniesst die Gesellschaft. «Ich bin sehr aktiv. Im SZBLIND-Atelier in Lausanne kann ich Sachen machen, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie je wieder würde tun können. Ich flechte Körbe, bastle viel oder übe mich in Seidenmalerei. Das lenkt mich ab und bringt Abwechslung in mein Leben. Fast noch lieber allerdings mag ich die begleiteten Wochenenden, die der SZBLIND organisiert. Am Abend essen und tanzen wir gemeinsam und die Stimmung ist sehr herzlich.»

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